In den letzten Jahren sind Brüche im Rechtsfundament salonfähig
Der Rat für ethische Aufklärung nahm an dem 2. Öffentlichen Symposium des Netzwerkes der Kritischen Richter und Staatsanwälte (KRiStA) teil. Es fand am 21. Oktober 23 in Halle statt; der große Saal des Volkshauses war mit über 400 Teilnehmern voll besetzt.
Die Atmosphäre unter den Teilnehmern und Referenten war geprägt in dem Bemühen, eine ehrliche und konstruktive Analyse der Rechtsprechung, vor allem der letzten 3 Jahre, vorzunehmen.
KRiSTA gründete sich im März 2021 und setzt sich für den Erhalt der verfassungsmäßigen Grundordnung der Bundesrepublik ein. Durch öffentliche Veranstaltungen, Diskussionen will KRiSTA dazu beitragen, dass Demokratie und Grundrechte und somit die Rechtsstaatlichkeit unumkehrbar gestärkt wird.
In dem Symposium kamen hochkarätige Referenten zu Wort, nachzulesen auf der Homepage von KRiSTA. Dort findet sich zuerst die Feststellung der 1. Referentin, Frau Prof. Katrin Gierhake, LL.M. , dass in den Jahren der „Corona-Krise“ es einen „verdeckten Ausnahmezustand“ gegeben hätte, der zu einer „Rechtsentkernung“ geführt habe. Sie kam in ihrem Vortrag zu dem Schluss, dass Recht nicht beliebig sein dürfe, sondern richtig sein müsse. Als Maßstab hierfür führte sie den Begriff der Freiheit an: Diese sei Grund und Ziel des Rechts.
Der nachfolgende Referent war Herr Rechtsanwalt Philipp Kruse, LL.M., aus Zürich. Er konstatierte in seinem Vortrag unter dem Titel „Die WHO-Reformprojekte zur Pandemiebekämpfung: Dauerhafte Auswirkungen auf die verfassungsrechtliche Grundordnung der Mitgliedstaaten“, dass der stattgefundene staatliche Machtmissbrauch der letzten Jahre nicht aufgearbeitet werde. Seine Feststellung: „Wir haben es mit einem Großereignis von Grundrechtsverletzungen zu tun.“ Die geplanten Reformen der Weltgesundheitsorganisation, die zu unmittelbar geltenden WHO-Rechtsnormen führen können, würden den „Chaosbonus“ aus Pandemiezeiten fortführen und zu einem Notrecht auf Dauer führen. „Der Willkür sind hier Tür und Tor geöffnet.“ Dass ein „Ausnahmezustand“ überhaupt drei Jahre und drei Monate angedauert habe, sei nicht hinnehmbar. Zukünftig drohe er überdies in weiteren Bereichen, nämlich für „One Health“ – was sehr weitreichend sei.
Frau Prof. Dr. Ulrike Guérot hielt einen Vortrag über „Simulative Demokratie – über die Aushöhlung rechtsstaatlicher Verfahren“. Es handele sich um eine strukturelle kapitalistische Entkernung von Demokratie; nur deren Oberfläche bleibe, so Guérot. Sie untersetzte ihre These der simulativen Demokratie mit Beispielen aus millionenschweren „Mitwirkungs-Bürgerabfragen“ der Kommissionen der Europäischen Union, die aber nachweislich nur zu placebo-demokratischen Mitwirkungs- und Teilhabenachweisen für eine Kommissionstätigkeit ohne echte Auswertung der europäischen Bürgeranliegen führte.
Im 4. Beitrag nahm der Philosoph Dr. Michael Andrick in seinem Vortrag: „Der Totalitarismus baut sich seinen Staat“ den Begriff des Nachdenkens auf. Er formulierte: Alles Nachdenken sei Vergleichen. In Deutschland bestehe das Problem, dass der Totalitarismus-Begriff verbrannt sei, sogar noch glühe und drohe, alle zu versengen, die ihn aufgriffen. Als notwendige Voraussetzung totalitärer Systeme nannte Andrick die Ideologie. Moralisierung und Demagogie würden zu einem geschädigten Gesellschaftsklima führen, kritisierte er. Scharf griff er das Phänomen des „Fakten-Checking“ an.
Wir Ratsmitglieder hoffen, dass die Rechtsstaatlichkeit in der Bundesrepublik reformiert wird. Dazu gehört die aktuelle Forderung des deutsche Richterbundes, sich von dem Weisungsrecht der Justizminister zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu verabschiden. Wir sehen in dem Netzwerk KRiSTA ein qualifiziertes Fachbündnis, welches nicht nur bei den Justizministern der Länder und darüber hinaus wahrgenommen werden sollte.
Rat für ethische Aufklärung Brandenburg
Hildegard Vera Kaethner